Schadensersatz vom Gewerbemieter: Verjährungsfrist vertraglich verlängerbar?

Schadensersatz vom Gewerbemieter: Verjährungsfrist vertraglich verlängerbar?

Ob Wohnraum oder Gewerberaum: Am Ende des Mietverhältnisses gibt der Mieter die Mietsache an den Vermieter zurück und dieser kann prüfen, ob Beschädigungen vorliegen. Dann hat der vermietende Eigentümer ein halbes Jahr Zeit, Schadensersatz geltend zu machen. Aber lässt sich diese Frist womöglich durch eine Klausel im Vertrag verlängern? Dazu gibt es jetzt ein Gerichtsurteil.

Ob Wohnraum oder Gewerberaum: Am Ende des Mietverhältnisses gibt der Mieter die Mietsache an den Vermieter zurück und dieser kann prüfen, ob Beschädigungen vorliegen. Dann hat der vermietende Eigentümer ein halbes Jahr Zeit, Schadensersatz geltend zu machen. Aber lässt sich diese Frist womöglich durch eine Klausel im Vertrag verlängern? Dazu gibt es jetzt ein Gerichtsurteil.

Schleswig. Eine Klausel in den AGB eines Gewerbemietvertrags, welche die gesetzliche Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schäden nach dem Ende des Mietverhältnisses einseitig zugunsten des Vermieters ausdehnt, ist unwirksam. Vermieter, die sich gestützt auf eine solche Klausel erst nach der gesetzlichen sechsmonatigen Frist um Schadensersatz bemühen, gehen daher leer aus. Das zeigt ein Fall, der vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht gelandet ist (Beschluss vom 28.05.2024, Az.: 12 U 14/24).

Der konkrete Rechtsstreit drehte sich um ein Ladenlokal in Schleswig-Holstein. Im  Jahr 2022 endete das Mietverhältnis, die Vermieterin erhielt die Räumlichkeiten am 31. Juli 2022 zurück. Erst sehr viel später bemühte sich die vermietende Eigentümerin darum, von der ehemaligen Mieterin Schadensersatz für Schäden an der Mietsache zu verlangen. Ihre Schadensersatzklage reichte die Vermieterin am 19. Juni 2023 bei Gericht ein, am 6. Juli wurde die Klage zugestellt – also ein knappes Jahr nachdem die Mieterin das Ladenlokal zurückgegeben hatte.

Vermieterin verdoppelte ihre Verjährungsfrist mit AGB-Klausel

Das Landgericht Kiel wies die Klage ab, weil die Ansprüche der Vermieterin verjährt seien. Schließlich steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geschrieben, dass Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten ab der Rückgabe der Mietsache verjähren (§ 548). Diese Frist war im vorliegenden Fall am 31.01.2023 verstrichen und damit lange bevor die Klage der Vermieterin bei Gericht eingereicht wurde. Andere Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung hatte die Vermieterin nach den Feststellungen des Gerichts auch nicht getroffen.

Das hatte einen Grund: Die Vermieterin ging davon aus, ein ganzes Jahr Zeit zu haben. Schließlich hatte sie seinerzeit im Mietvertrag eine AGB-Klausel verankert, welche die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche der Vermieterin auf 12 Monate ausdehnte. Doch diese Klausel sei unwirksam, weil sie die Mieterin unangemessen benachteilige, entschied das Landgericht Kiel. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung für die Verdoppelung des Verjährungszeitraums, befand das Gericht. Nach der Rückgabe der Mietsache konnte sich die Vermieterin ein Bild davon machen, inwiefern ihr Schadensersatz zusteht.

Das Landgericht befand, es sei nicht ersichtlich, dass dies innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist nicht vorgenommen werden könne. Es wies außerdem darauf hin, dass die gesetzliche Verjährungsfrist außerdem auch die berechtigten Interessen des Mieters betrifft, „da er nach Rückgabe keinen Einfluss mehr auf die Mietsache habe und keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen könne“, wie das Oberlandesgericht aus dem Kieler Urteil zitiert.

Einseitige Verjährungsverlängerung ist unwirksam

Außerdem heißt es in dem Urteil, es könne sich bei einer solchen einseitig verlängerten Verjährungsfrist auch die Situation ergeben, „dass die Klägerin noch Ansprüche gegen den Beklagten zu einem Zeitpunkt geltend machen könnte, wo dessen Gegenansprüche nach sechs Monaten bereits verjährt wären. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes stellt sich die Verlängerung der Verjährungsfrist jedenfalls im vorliegenden Fall als unangemessen benachteiligend für den Beklagten und deshalb unwirksam dar.“

Mit dieser Einschätzung blieb das Landgericht nicht allein. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig ließ die Klägerin in einem Hinweisbeschluss wissen, dass es beabsichtige, die Klage abzuweisen. Sie habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Daraufhin wurde die Klage zurückgenommen. Das Urteil macht deutlich, dass eine einseitige Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus dem Mietverhältnis auch im Gewerberaummietrecht nicht wirksam vereinbart werden kann.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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