Debatte um Kabel-TV: Wer soll die Versorgung künftig bezahlen?

Rund 12 Millionen Haushalte in Deutschland sparen jährlich bis zu 200 Euro, weil ihre Vermieter günstige Rahmenverträge mit den Anbietern für Kabel-TV abgeschlossen haben. Das geht, weil die Vermieter die Kosten über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umlegen können. Doch diese Umlagefähigkeit will der Bundeswirtschaftsminister einkassieren.

Rund 12 Millionen Haushalte in Deutschland sparen jährlich bis zu 200 Euro, weil ihre Vermieter günstige Rahmenverträge mit den Anbietern für Kabel-TV abgeschlossen haben. Das geht, weil die Vermieter die Kosten über die Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umlegen können. Doch diese Umlagefähigkeit will der Bundeswirtschaftsminister einkassieren.

Düsseldorf. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat mit einem Reformvorhaben am Telekommunikationsgesetz eine Debatte über die Kosten für Kabelfernsehen ausgelöst. Seit den 80er-Jahren ist die Lage in Deutschland so: Vermieter können für ein ganzes Mietshaus einen Vertrag zur Versorgung mit Kabelfernsehen mit dem Kabelanbieter abschließen. Die Betriebskostenverordnung erlaubt es ihnen sodann, die Kosten auf die Mieter umzulegen.

Damit lässt sich viel Geld sparen: Wenn der Vermieter gleich für alle Anschlüsse im Haus einen Vertrag abschließt, bekommt er Mengenrabatt. Hat der Vermieter mehrere Häuser, lässt sich der Rabatt noch vergrößern. Am Ende fallen die Kosten für den Kabelanschluss für den einzelnen Mieter nach diesem Modell um bis zu 50 Prozent niedriger aus, als wenn jeder Mieter einen Einzelvertrag mit dem Kabelanbieter abschließen würde.

Kabel-TV: Mieter profitieren von günstigen Rahmenverträgen

Allerdings sind die Mieter bei diesem System an den Kabelanbieter gebunden, mit welchem der Vermieter den Vertrag abgeschlossen hat. Genau das ist der Deutschen Telekom ein Dorn im Auge, denn heutzutage ist Fernsehempfang auch über den Telefon- und Internetanschluss möglich. Die Telekom sieht sich aus dem Markt als Fernsehanbieter ausgegrenzt: Mieter zeigen am Telekom-Produkt kein Interesse, solange sie den vom Vermieter ausgehandelten Kabel-TV-Anschluss haben. Was man ohnehin bezahlen muss, kann man schließlich auch nutzen.

Umgekehrt kann man über den Kabel-TV-Anschluss heutzutage auch telefonieren und im Internet surfen. So wurden die Kabel-TV-Anbieter für die Telekom zum unliebsamen Wettbewerber in ihrem eigenen Kerngeschäft. Um einen fairen Wettbewerb zwischen den klassischen Telefon- und Internetanbietern einerseits und den Kabelfernsehanbietern andererseits zu schaffen, will Bundeswirtschaftsminister Altmaier jetzt das Telekommunikationsgesetz ändern. Die Reform soll die Umlagefähigkeit der Breitbandkabelversorgung aus der Betriebskostenverordnung streichen.

Mieter könnten dann selbst ihren Anbieter auswählen – mit der Folge, dass sie dann auch private Einzelverträge eingehen müssten. Eine solche Möglichkeit der freien Anbieterwahl bestünde freilich nur dort, wo neben dem Kabelanschluss auch eine Versorgung durch einen schnellen Internetanschluss angeboten werden kann. Gerade im ländlichen Raum könnte es daher sein, dass Verbrauchern das Kabelfernsehen mit Einzelvertrag zu teuer wird und mangels Alternative überall Satellitenschüsseln auftauchen – was neues Konfliktpotential birgt.

Weniger gut situierte Haushalte könnten Kabel-TV verlieren

Auch wo tatsächlich ein Wettbewerb zwischen mehreren Anbietern entstünde, ist es wenig realistisch, dass die Kosten für die Einzelverträge um jene 50 Prozent fallen, welche Vermieter heute als Rabatt fürs Kabel-TV aushandeln können. Und so stößt Altmaiers Reformidee bislang auf reichlich Widerspruch – die WAZ hat jetzt als Erste ausführlich darüber berichtet. Demnach fürchten sich Mieter vor steigenden Kosten, die Wohnungswirtschaft warnt vor einem Eingriff in bestehende Verträge, der ihre Grundrechte verletzten würde.

Auch bei den Kabelfernsehanbietern ist die Entrüstung groß – schließlich fürchten sie neuen Wettbewerb durch die Telekom. Auch aus der Politik kommen kritische Stimmen – sogar aus Altmaiers eigener Partei. So ist etwa die NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach ebenfalls CDU-Mitglied und von dem Altmaier-Vorhaben überhaupt nicht überzeugt. „Eine Änderung der Betriebskostenverordnung hätte besonders für finanziell schwächer ausgestattete Haushalte negative Folgen“, sagte Scharrenbach der WAZ.

Hintergrund: Wer Sozialhilfe bezieht, bekommt vom Amt die Kosten der Unterkunft bezahlt – also die Kaltmiete plus Betriebskosten. Damit ist bislang dann auch der Kabel-TV-Anschluss bezahlt, weil er Teil der Betriebskosten ist. Auch das Wohngeld deckt das Kabel-TV mit ab. Würde die Umlagefähigkeit entfallen, müssten solche Mieter den TV-Anschluss künftig aus der eigenen Tasche zahlen“, warnte Scharrenbach in der WAZ. Auch ihr Amtskollege auf Bundesebene, der Bayer Horst Seehofer (CSU), soll laut Recherchen der Zeitung Bedenken gegen den Plan haben.

Breitbandkabelanschluss muss umlagefähig bleiben

Bei Haus & Grund Rheinland Westfalen teilt man die Bedenken. „Wir stimmen Ina Scharrenbach in ihrer Einschätzung ganz klar zu“, sagt Erik Uwe Amaya. Der Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland Westfalen erklärt: „Unser NRW-Wohnkostenbericht zeigt, dass die Gebühren für Kabelfernsehen bislang nur eine kleine Größe darstellen. Sie machen gerademal 2 Prozent der gesamten Betriebskosten aus. Dabei sollte es auch bleiben.“ Die Politik habe die Wohnnebenkosten in den letzten Jahren schon durch zahlreiche andere Entscheidungen in die Höhe getrieben.

Ein Problem könnten zudem vermietende Wohnungseigentümer bekommen: Dann nämlich, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft einen gemeinsamen Kabelvertrag abgeschlossen hat, die Kosten aber nicht mehr auf den Mieter umgelegt werden könnten. „Wenn der Wettbewerb dann auch noch dazu führt, dass am Ende verschiedene Anbieter ihre eigenen Kabel durchs Haus legen wollen, wäre das nicht hinnehmbar“, warnt Konrad Adenauer, Präsident von Haus & Grund Rheinland Westfalen. „Der Eigentümer muss hier die Kontrolle behalten können.“

Historisch betrachtet hat die Umlagefähigkeit es ab den 80er-Jahren ermöglicht, dass die Zahl der Kabelanschlüsse in Mietwohnungen rasch ausgebaut werden konnte. „Damit ist die Regelung heute aber keineswegs überflüssig“, meint Amaya. „Die vorhandenen Kabelanschlüsse ermöglichen vielfach eine günstige Versorgung der Mieter mit schnellem Internet. Wird die Umlagefähigkeit gestrichen, könnte das den Breitbandausbau in Deutschland hemmen – und das will doch nun wirklich niemand.“

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

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